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Azubis können Zukunft gestalten

Zum Auftakt der Berufsinfomesse im Schulzentrum ging es um Veränderungen durch die Digitalisierung

Vier Experten und sechs Podiumsteilnehmer zum Thema »Wie die Digitalisierung die Tradition der Arbeitswelt verändert« sorgten für eine volle Aula des Marta-Schanzenbach- Gymnasiums (MSG) bei der Eröffnungsveranstaltung für die Berufsinfomesse »Job for future«.

Vorderes Kinzigtal. Die Gewerbevereine Gengenbach, Ohlsbach und Berghaupten hatten für Donnerstagabend zum Auftakt ihrer Ausbildungsund Berufsorientierungsmesse mit Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, Wolfram Seitz-Schüle, Geschäftsführer der Handwerkskammer Freiburg, Bianka Lichtenberger (Universität Basel), Thomas Breyer-Mayländer (Hochschule Offenburg), Horst Sahrbacher, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Offenburg, fünf Experten zur Herausforderung der Digitalisierung in der Arbeitswelt eingeladen. Bei einer Podiumsdiskussion war auch Angelina Zapf dabei. Die ehemalige Abiturientin des Marta-Schanzenbach- Gymnasiums (MSG) hatte 2015 ihre Ausbildung zur Schreinerin als Innungsbeste der Handwerkskammer im Bereich Ortenau abgeschlossen.

Im Publikum war die adressierte Jugend indes nur wenig vertreten. Anwesende Eltern konnten ihrem Nachwuchs aber wichtige Botschaften nach Hause tragen. Nach der Begrüßung durch MSG-Direktor Stefan Feld und Bürgermeister Thorsten Erny erfuhren die Besucher von Sahrbacher, dass der Ausbildungsmarkt ein absoluter Bewerbermarkt sei. In 2016 standen 20 unversorgten Jugendlichen mehr als 300 offene Stellen gegenüber. Menschen ohne Ausbildung gehörten, so Sahrbacher, zu Verlierern der modernen Arbeitswelt. Und zu dieser gehört unabdingbar die Digitalisierung.

Wie sehr diese die Zukunft der Wirtschaftswelt und damit die Nachfrage nach bestimmten Berufen verändert, skizzierte Auer. In Berufsschulen könnten die Klassen mit angehenden Kaufleuten kaum noch gefüllt werden, da dieser Berufszweig infolge wegfallender Geschäfte immer weniger Nachwuchs brauche. Im Bankenbereich habe sich infolge der Digitalisierung die Zahl der Auszubildenden halbiert. Im Rechnungswesen werde in naher Zukunft von Lieferschein-Ausstellung bis Rechnungsausfertigung alles vollautomatisiert und digital abgerufen werden können.

Handwerk ist gefragt

Auch wenn sich kein Wirtschaftsbereich der Digitalisierung entziehen könne, werden sich die kaufmännischen Berufe mehr dezimieren als die Produktionsberufe. Folgerichtig brauche es mehr Handwerksberufe als akademische. Aktuell hätten 15 Prozent aller Mitarbeiter in deutschen Betrieben ein abgeschlossenes Studium. Im Vorjahr nahm aber die Hälfte aller Schulabgänger ein Studium auf. Auer blickt dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Wirtschaftsgeschichte habe gezeigt, dass die Bewältigung der technischen Neuerungen weiteren Aufschwung gebracht habe.

Rasende Geschwindigkeit

Allerdings sprach Seitz-Schüle von einer »gigantischen Veränderung in einer Geschwindigkeit, die uns alle umwirft«. Anhand vieler Bilder zeigte er die Attraktion des modernen Handwerks und plädierte für eine andere Zusammenarbeit der Handwerksbetriebe. Auszubildende brächten häufig Neues in die Handwerkstradition und könnten »Zukunft gestalten«. Breyer-Mayländer sieht die Informatik als »Querschnittsdisziplin in allen Studiengängen«. Trotzdem sei die richtige Studienwahl die schiere Überforderung. Der Hochschulprofessor sprach von derzeit 17 200 Studiengängen. Der Vater dreier Töchter weiß, dass die jungen Menschen Zeit zur Entwicklung brauchen. Potenzialanalysen brächten als Berufswahlhilfe »eher wenig«. Dass die Digitalisierung auch ihre Tücken hat, beweisen Forschungsergebnisse von Professorin Bianka Lichtenberger an der Uni Basel. Die Firmen müssen ihren individuellen Weg zur Digitalisierung finden. Ihre Firmenbefragungen münden in der These, dass die Kompetenzentwicklung 4.0 (Internetanbindung der Maschinen) in den Unternehmen noch nicht »transparent fassbar« ist.

Inder von Hans-Peter Möschle und Udo Hitzke vom Gewerbeverein Ohlsbach moderierten Podiumsdiskussion riet Sahrbacher trotz aller disruptiven Veränderungen zur digitalen Gelassenheit. Angelina Zapf zeigte sich nicht nur sehr zufrieden mit ihrer handwerklichen Berufswahl nach dem Abi, sondern übernahm mit ihrer Gitarre aus dem selbst gebauten Gitarrenschrank auch die musikalische Umrahmung des Abends.

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